Russlands Krieg gegen die Ukraine: Auswirkungen auf den Immobilienmarkt

02.03.2022
Der Angriff Russlands auf die Ukraine kam dann doch überraschend. So sehr wir diesen sinnlosen Krieg verurteilen, möchten wir trotzdem eine Analyse wagen, in der geklärt wird, welche Auswirkungen sich für den Immobilienmarkt in Deutschland durch die derzeitigen Ereignisse ergeben werden.
Ausgangssituation an den Märkten
Durch die Drohungen und Militäraufmärsche waren die Aktienmärkte bereits vor dem Einmarsch Russlands in Alarmbereitschaft. Wenn sich etwas negativ auf die gesamte Wirtschaft auswirkt, dann ist es Unsicherheit. Stabilität und Planbarkeit ist auf allen Ebenen hilfreich – für die Kleinunternehmerin ums Eck, wie auch für Konzerne, für Investorinnen und Investoren und auch die Finanzpolitik eines Staates. Genau diese Stabilität ist durch den Angriff ins Wanken geraten.
Denn wie der Welthandel in einigen Monaten noch funktionieren wird, ist aus heutiger Sicht nicht abschätzbar. Aus wirtschaftlicher Perspektive sorgen vor allem auch die wechselseitigen Sanktionen aller Staaten für ebendiese Unsicherheit. Was bedeutet das genau?
Welche Auswirkungen haben staatliche Sanktionen?
"Sanktionen“ sind Maßnahmen, die das sanktionierte Land wirtschaftlich schädigen sollen. So haben die europäischen Länder beispielsweise den Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt. Die Folge ist, dass massive Umwege geflogen werden müssen oder manche Strecken nahezu unmöglich zu bewältigen sind. Durch die Einschränkung des SWIFT-Systems ist es für Russland schwieriger geworden, Zahlungsströme abzuwickeln. All diese Maßnahmen fügen Russland wirtschaftlichen Schaden zu.
Ziel dieser Sanktionen ist einerseits, finanziellen Druck aufzubauen. Andererseits sorgen diese Maßnahmen auch für starke Inflation. Es ist schwierig, Güter zu importieren, wodurch Knappheit entsteht und die Preise steigen. Das trifft zuerst einmal die breite Bevölkerung. Doch die Hoffnung ist, dass diese dann eben Druck auf die Politik ausübt, sich so zu verhalten, dass die Sanktionen wieder gelockert werden.
Auch wegen der bisherigen Sanktionen hat sich Russland dazu entschieden, die Börse (Stand 2.3.) in Moskau vorerst zu schließen.
Wirtschaftliche Druckmittel Russlands
Nicht nur europäische Länder, Kanada und die USA können Sanktionen gegen Russland verhängen, auch Gegenmaßnahmen Russlands erfolgen selbstverständlich. Das größte Druckmittel Russlands ist dabei das Gas. Einerseits benötigt Russland die Einnahmen aus den Gaslieferungen nach ganz Europa, andererseits sind viele Staaten auf die Gaslieferungen angewiesen.
Nicht nur, damit die Bevölkerung damit heizen kann, sondern auch, weil zahlreiche Industriebetriebe große Mengen an Gas für die Herstellung ihrer Produkte benötigen. Russland hat somit ebenso starke wirtschaftliche Trümpfe in der Hand. Wechselseitig sind diese wohl bislang noch bei Weitem nicht ausgeschöpft.
Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft
In Deutschland werden sich Sanktionen auch abseits der Gaslieferungen bemerkbar machen. Neben den wirtschaftlichen Maßnahmen Russlands wirkt sich jedoch vor allem auch der Krieg aus. Denn durch den Krieg fällt die Zulieferindustrie weg, die für viele deutsche Betriebe wichtig ist bzw. war. In der Ukraine wurden beispielsweise teile für BMW gefertigt, die zur Produktion der Fahrzeuge unbedingt nötig sind.
Unzählige Unternehmen exportierten bisher nach Russland und in die Ukraine, viele davon besitzen dort sogar Tochtergesellschaften oder regionale Niederlassungen. All das spiegelte sich in den letzten Tagen auch im tiefroten DAX wider.
Immobilienmarkt in Deutschland
Für den Immobilienmarkt werden sich primär indirekte Auswirkungen ergeben, die als Folgeerscheinungen von Sanktionen entstehen werden.
Zinsen und Inflation
So ist beispielsweise unklar, ob und wann Zinserhöhungen, die von der Zentralbank bereits angekündigt wurden, nun wirklich durchführbar sind. Gerät die heimische Wirtschaft durch Sanktionen und das Wegbrechen des Russland- und Ukraine-Geschäfts ohnehin schon unter Druck, könnte es nötig sein, die Unternehmen weiterhin mit günstigen Krediten zu versorgen.
Umgekehrt muss die Inflation im Auge behalten und stabilisiert werden. Hinsichtlich der Entwicklung der Zinsen, die schlussendlich auch für die Finanzierung von Immobilienkäufen sehr wichtig ist, muss also abgewartet werden. Die wahrscheinlichste Variante aus heutiger Sicht ist, dass die Zinsen später oder geringfügiger angehoben werden können, damit weiterhin Zugang zu günstigem Kapital besteht, welches Unternehmen in einer schwierigen Phase die Liquidität sichern kann.
Umstellung auf erneuerbare Energie
Die Abhängigkeit Deutschlands – und auch jene von Nachbarländern wie etwa Österreich – vom russischen Gas, wird nun kritisch hinterfragt werden. Um von den Lieferungen Russlands unabhängig zu werden, muss die Energiewende noch schneller vorangetrieben werden. Denn je weniger Energie von Russland importiert werden muss, desto weniger Einfluss kann der Kreml auf Deutschland ausüben. Nachhaltige Energiequellen, direkt in Deutschland, sind daher künftig essentiell.
Für die Immobilienbranche kann die Folge sein, dass Förderungen zum Austausch von Gasheizungen eingeführt bzw. erhöht werden. Denkbar ist auch, dass nicht nur Deutschland, sondern sogar die EU, zusätzliche Gelder für den Umstieg auf andere Energieformen bei Immobilien bereitstellt.
Zusätzlicher Wohnraumbedarf
Nicht zu unterschätzen ist auch, dass potenziell hunderttausende Flüchtlinge in Deutschland ein neues Zuhause finden werden, für die nun kurzfristig Wohnraum gefunden werden muss. Viele Flüchtlinge werden auch mittelfristig nicht in ihre Heimat zurückkehren können, wenn der Krieg andauert. Daher ist anzunehmen, dass entsprechend zusätzlicher Bedarf an Wohnraum, deutschland- bzw. europaweit, für eine große Anzahl an Menschen entstehen wird.
Wie stark diese höhere Nachfrage den Markt nachhaltig beeinflussen wird und wie viele Menschen tatsächlich längerfristig in Deutschland bleiben möchten, lässt sich momentan nicht seriös schätzen.
Immobilieninvestments: Das solltest du bedenken
Wir haben nun die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen besprochen und thematisiert, wie sich Sanktionen und Fluchtbewegungen in Deutschland auswirken werden. Doch was bedeutet das konkret für Immobilien-Investments?
Bestehende Investments halten
Wer bereits Immobilien in Deutschland besitzt, wird diese jetzt wohl kaum verkaufen. Die alternativen Investmentmöglichkeiten, etwa an der Börse, sind äußerst volatil.
Hinzu kommt, dass die weitere Entwicklung von Zinsen und Inflation nur schwer vorhersagbar ist. Gleichzeitig kann die Inflation aus Investoren-Sicht an Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden, indem Indexmietverträge abgeschlossen werden. Der Inflationsschutz durch Immobilien ist jedoch nur ein Aspekt. Kommt es zu weiterer Inflation, reduziert das, in Relation zur Kaufkraft, auch den Restwert bestehender Immobilienkredite.
Für den Verkauf bestehender Investment-Immobilien spricht derzeit also praktisch nichts. Wer das Kapital nicht dringend benötigt, wird seine Immobilie halten. Panische Verkäufe sind prinzipiell unangebracht. Und gerade in der jetzigen Situation verfügst du dann über Bargeld, das inflationsbedingt an Kaufkraft verliert. Gleichzeitig gibt es keine guten Möglichkeiten, die erzielte Kaufpreissumme anderweitig zu investieren.
Mietverträge gestalten
Eine Überlegung, die Immobilien-Investorinnen und Investoren anstellen können, ist die Gestaltung der Mietverträge. Die Anpassung der Miete ist als Staffelmiete möglich oder es wird an die Vergleichsmiete erhöht, was jedoch zu Streitigkeiten führen kann. Alternativ dazu kann in Indexmietvertrag abgeschlossen werden. Die Erhöhung entspricht dann dem Verbraucherpreisindex, also de facto der Inflationsrate. Eine zusätzliche Erhöhung ist allerdings nicht möglich. Doch so gelingt es, die Mieteinnahmen inflationsgeschützt zu erhalten.
In Zeiten potenziell hoher Inflation besteht so eine solide Sicherheit hinsichtlich der Einnahmen. Zusätzlich bleiben Diskussionen darüber, welche Miete nun genau zulässig ist, erspart. Viele Mieterinnen und Mieter sind zudem froh zu wissen, dass die Miete entsprechend der Inflation steigen, aber nicht auch noch anders erhöht werden kann.
Richtiger Kaufzeitpunkt?
Wer nun überlegt, eine Immobilie zu erwerben, muss damit rechnen, dass die Nachfrage am Markt derzeit groß ist. Viele Investoren steigen aus anderen Investments aus, wie sich an den Verlusten an der Börse in den vergangenen Tagen ablesen lässt. Dieses Kapital wird wohl, zumindest teilweise, in den Immobilienmarkt fließen.
Den „richtigen“ Zeitpunkt für eine Immobilienkauf gibt es nicht – ebenso wenig wie für ein anderes Investment. Die Grundsatzfrage, die du dir stellen solltest, ist, ob der Kauf einer Immobilie deiner Strategie entspricht und dazu beiträgt, deine finanziellen Ziele zu erreichen. Dafür spricht derzeit vor allem, dass Finanzierungen günstig zu haben sind und die alternativen Investmentchancen kaum überzeugen.
Die Kehrseite dieser Tatsache ist, dass entsprechend harte Konkurrenz am Markt unterwegs ist und es schwieriger wird, renditestarke Objekte zu finden. Damit dir das dennoch gelingt, kannst du mit der Suchfunktion von Thinkimmo gezielt nach der gewünschten Rendite filtern.
Risikostreuung bedeutender denn je
Der Krieg zeigt Investorinnen und Investoren deutlich auf, wie wichtig die Risikostreuung von Investments ist. Wir haben in unserem Blog schon häufig darauf hingewiesen, dass du dein Vermögen am besten auf ein Portfolio an Anlagemöglichkeiten aufteilen solltest. Immobilien sind dabei ein besonders wichtiger Bestandteil. Gerade jetzt, wo manche Anlageklassen stark unter Druck kommen, kann dies durch andere Investitionen wieder abgefangen werden.
Wenn du dein Portfolio bereits breit aufgestellt hast, erlebst du das in diesen Tagen gerade deutlich. Wer hingegen momentan noch alleinig auf ein oder zwei Anlageklassen setzt, sollte das dringend ändern. In diesen Tagen beispielsweise ausschließlich Aktien zu besitzen, ist eine schmerzhafte Erfahrung.
Nutze zur Risikostreuung deshalb unterschiedlichste Investments: Immobilien, Aktien, Anleihen, Krypto, Gold – bis hin zu Kunst ist praktisch alles möglich, wenn du Werthaltigkeit und die Chance auf eine zukünftige Wertsteigerung erkennst.
Fazit: Auswirkungen des Kriegs auf Immobilien-Investments
Wir fassen zusammen: Die wechselseitigen Sanktionen treffen die gesamte Wirtschaft und werden die Märkte langfristig beeinflussen. Einerseits, weil Absatzmärkte wegbrechen, andererseits weil Lieferketten ins Stock geraten und Transporte teurer, schwieriger oder unmöglich werden. Die Auswirkungen sind schon jetzt am Aktienmarkt sichtbar.
Für Immobilien-Investments spielen Inflation und Zinsen eine wichtige Rolle. Ob die Zinsen tatsächlich angehoben werden können, wann das passiert und in welchem Ausmaß, ist nun nicht mehr sicher vorhersagbar. Eventuell werden die Zinsen auf einem niedrigeren Niveau belassen, um die Liquidität heimischer Unternehmen zu stärken. Das könnte gleichzeitig die Inflation weiter nach oben treiben, auch Immobilienpreise können dadurch weiter steigen.
Zusätzliche Nachfrage am Immobilienmarkt wird entstehen, weil Anleger Geld aus dem Aktienmarkt entnehmen und sichere alternativen Suchen. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Wohnraum, da viele Geflüchtete in Deutschland erwartet werden.
Wer bereits Immobilien besitzt, wird diese daher halten, sofern kein Kapitalbedarf besteht. Eine Wertsteigerung scheint wahrscheinlich und durch Indexmietverträge besteht Inflationsschutz. Wer jetzt erst investieren will, muss gezielt nach Objekten mit guter Rendite suchen, denn die Nachfrage wird das Angebot künftig vermutlich noch stärker übertreffen als bisher.
Wir behalten die Situation am Immobilien- und Finanzmarkt für euch im Auge und werden in unserem Blog weitere Updates zu den Auswirkungen des Kriegs auf den heimischen Immobilienmarkt veröffentlichen.
--- Disclaimer: Uns ist bewusst, dass es derzeit wichtigere Themen gibt als Immobilien-Investments. Auf Wunsch unserer Community (wir haben darüber abstimmen lassen), veröffentlichen wir trotzdem weiterhin Updates zu diesem Thema. Gleichzeitig rufen wir zur Solidarität mit Geflüchteten und allen anderen Betroffen auf und sprechen uns selbstverständlich ganz klar gegen jede kriegerische Handlung aus.
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