Rollierendes Eigenkapital

Nico Vaziri

25.11.2021

Bei fast jedem Immobilienkauf stellt sich die Frage, wie viel Eigenkapital für den Erwerb der Immobilie nötig ist und welcher Anteil der Gesamtanschaffungskosten durch Fremdkapital finanziert werden kann. Eine spezielle Möglichkeit, um Eigenkapital möglichst optimiert zu nutzen, ist das sogenannte „rollierende Eigenkapital“. Wie das genau funktioniert und worauf du achten musst, fassen wir in diesem Beitrag für dich zusammen.

Rollierendes Eigenkapital: Funktionsweise

Die grundsätzliche Funktionsweise von rollierendem Eigenkapital ist einfach erklärt. Die finanzierende Bank stellt einen Kredit bereit, der restliche Betrag wird durch Eigenkapital abgedeckt. Die Tilgung des Kredits reduziert den offenen Restbetrag. Sobald so viel getilgt wurde, dass die Höhe des Eigenkapitals durch die Tilgung erreicht wurde, gibt die Bank das eingebrachte Eigenkapital frei und es kann für die nächste Immobilienfinanzierung genutzt werden.

Typischerweise ist es durch diesen Mechanismus möglich, schon nach wenigen Jahren das Eigenkapital für die nächste Immobilie zu verwenden. Sobald die Refinanzierung erfolgt ist, kann das Eigenkapital also für ein neues Objekt genutzt werden. Somit ist es möglich, Eigenkapital nacheinander als Sicherheit für unterschiedliche Objekte zu verwenden.

Schwierigkeiten des rollierenden Eigenkapitals

Bislang klingt alles logisch und einfach, doch es gibt einige Hürden, die beim rollierenden Eigenkapital bedacht werden müssen. Der erste Schritt ist, eine Bank zu finden, die offen für diese Form der Finanzierung ist. Denn dass Sicherheiten bzw. Eigenkapital zügig von einem Kredit zum nächsten Kredit übertragen werden können, ist keine Selbstverständlichkeit. Meist ist dies nur möglich, wenn schon eine entsprechende Erfahrung am Immobilienmarkt vorgewiesen werden kann.

Kaufnebenkosten beachten

Ein Stolperstein sind die Kaufnebenkosten der Immobilie. Diese liegen meist im Bereich von 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises. Banken verlangen nahezu immer, dass diese durch Eigenkapital abgedeckt werden. Nur vereinzelt sind Finanzierungen möglich, bei denen sogar die Kaufnebenkosten durch den Kredit bezahlt werden können.

Die Kaufnebenkosten sind sozusagen „verloren“, denn sie erhöhen zwar den Kaufpreis, aber es gibt keinen direkten Gegenwert in Form der Immobilie. Zu diesen Kaufnebenkosten zählen verschiedene Gebühren, aber auch die Kosten für Notar und Makler. Klar ist, dass Kaufnebenkosten unvermeidbar sind. Sie schwanken zwar ein bisschen, aber diese Kosten können nicht später wieder „frei werden“, sondern das Kapital fließt tatsächlich an die einzelnen Kostenstellen (Makler, Notar etc.) ab.

Arten des Eigenkapitals

Ein weiterer Faktor ist die Art des Eigenkapitals, das eingebracht wird. Viele Menschen denken bei Eigenkapital sofort an Ersparnisse, die einen Teil des Kaufpreises abdecken. Doch es können auch andere Mittel hinterlegt werden, die als Eigenkapital gewertet werden. So kann beispielsweise ein Aktiendepot bei der Bank als Sicherheit bzw. Eigenkapital eingebracht werden.

Für all jene Eigenmittel, die nicht klassisches Barvermögen (Sparbuch, frei verfügbares Kapital) sind, werden Abschläge kalkuliert. Vereinfacht gesagt möchte die Bank beispielsweise ein Aktiendepot nicht zu 100 Prozent bewerten, da es schließlich Kursschwankungen geben kann.

Ein einfaches Beispiel:

Du musst 100.000 Euro Eigenkapital einbringen. Dein Aktiendepot ist heute 100.000 Euro wert. Die Bank das Depot nicht, sondern würde dafür nur ca. 60-70.000 Euro ansetzen. Einerseits dauert es, bis das Depot im Notfall liquidiert wäre, andererseits kann es Kursschwankungen geben. Hast du hingegen 100.000 Euro auf ein täglich fälligen Konto, zählt diese Summe selbstverständlich 1:1 als Eigenkapital.

Rollierendes Eigenkapital bei Sanierungen

Wo sich rollierendes Eigenkapital wirklich lohnen kann ist, wenn laufend neue Immobilien angekauft und saniert werden. Der Mechanismus funktioniert dann folgendermaßen: Ein Gebäude wird mit einem hohen Fremdkapitalanteil erworben. Die Sanierungsarbeiten werden durchgeführt, womit das Gebäude an Wert gewinnt. Das Haus selbst ist somit als Sicherheit für die Bank nun mehr wert. Daher sind Banken bereit, basierend auf der geschaffenen Wertsteigerung, wieder Kapital freizugeben. Dieses freigesetzte Kapital kann dann direkt für den Ankauf des nächsten Objektes verwendet werden.

Bei dieser Vorgehensweise ist also nicht entscheidend, wie viel Kreditsumme bereits getilgt wurde. Durch die Tilgung des Kredites, die ja nach und nach erfolgt, dauert es deutlich länger, bis das Eigenkapital wieder frei ist. Voraussetzung für die hier beschriebene Vorgehensweise ist, dass dieser Ablauf mit der finanzierenden Bank vorab genau besprochen wurde. Nicht alle Banken bringen die Risikobereitschaft auf, eine solche Wertsteigerung so zu bewerten, dass Kapital freigesetzt werden kann.

Für wen eignet sich rollierendes Eigenkapital?

Wer einfach ein, zwei Wohnungen als Altersvorsorge kaufen oder sich ein Nebeneinkommen aufbauen möchte, muss sich normalerweise nicht weiter mit der Thematik des rollierenden Eigenkapitals beschäftigen. Relevant ist rollierendes Eigenkapital vor allem für all jene, die viele Immobilienprojekte in kurzer Zeit abwickeln möchten und darauf angewiesen sind, Sicherheiten bzw. Eigenkapital zeitnahe für das nächste Projekt nutzen zu können.

Besonders kleinere Bauträger und Projektentwickler müssen deshalb die finanzierenden Banken überzeugen, diesem raschen Kapitalumschlag zuzustimmen. Voraussetzung ist meist, dass bereits einige Projekte erfolgreich abgewickelt wurden. Mit einer entsprechenden Historie kann argumentiert werden, dass das Risiko überschaubar ist und die Banken werden so zu etwas mehr Flexibilität gedrängt.

Ebenfalls gut geeignet ist rollierendes Eigenkapital für den Ankauf großer Immobilien mit vielen Einheiten. Denn in diesen Objekten entsteht hoher Cashflow, der für die Tilgung des Kredits genutzt werden kann. Erfolgt die Tilgung gerade zu Beginn der Finanzierung zügig, kann der Eigenkapitalanteil schneller wieder angepasst werden. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass ein stabiler, gut planbarer positiver Cashflow vorhanden ist, denn andernfalls funktioniert diese Methode definitiv nicht.

Schlüssel zum Erfolg: Gute Geschäftsbeziehung zur Bank

Rollierendes Eigenkapital ist nicht für alle Menschen relevant, die im Immobilienbereich investieren. Doch was es ganz klar zeigt ist, wie wichtig das Thema der Finanzierung ist. Die Voraussetzung dafür sind gute Geschäftsbeziehungen zu den finanzierenden Kreditinstituten. Wer langfristig investiert weiß, dass schon kleine Unterschiede bei der Finanzierung massive Auswirkungen auf die Rendite haben. Genauso ist es auch, wenn es nicht um einen klassischen, langfristigen Kredit, sondern um rollierendes Eigenkapital geht. Die Konditionen fallen sehr unterschiedlich aus. Das beginnt bereits damit, wie Banken die Sicherheiten bestimmter Mittel bewerten. Die kalkulierten Abschläge für eingebrachtes Eigenkapital, etwa in Form eines Aktiendepots, können recht unterschiedlich ausfallen. Die Folge ist, dass je nach Bewertung der eingesetzten Mittel eine verschieden hohe Eigenkapitalquote entsteht.

Genau kalkulieren und besser finanzieren

Wenn wir von guten Geschäftsbeziehungen mit Banken sprechen, stellt sich immer auch die Frage, wie diese überhaupt aufgebaut werden können. Gerade wer bei Null beginnt, weiß oft nicht, wie Gespräche mit Banken am besten geführt werden. Der Schlüssel zum Erfolg ist nicht, jemanden bei einer regionalen Bank zu kennen oder einen Strauß Blumen vorbeizubringen.

Was wirklich zählt sind überzeugend vorbereitete Daten. Du musst Banken ein klares, strukturiertes Konzept präsentieren, wie du vorgehen wirst, welche Objekte deine Targets sind und was du bislang bereits erreicht hast. Alle Dokumente rund um die Immobilien-Investments müssen gut vorbereitet sein und auch deine eigenen Finanzen solltest du im Griff haben. Jede Bank verschafft sich ein ganzheitliches Bild.

Erfolgsfaktoren für Gespräche mit Banken sind:

  • Daten und Fakten zur Immobilie selbst (Kaufpreis, Bewertung, Lage, Einnahmen, Zustand, etc.).

  • Konzept zur Weiterentwicklung der Immobilie (z.B. Cashflows aus Bestandsmieten, Sanierung von Wohnungen, etc.).

  • Informationen über deine finanzielle Situation und deine bisherigen Investments.

  • Qualität deiner Präsentation und aller vorbereiteten Zahlen, Daten und Fakten.

Wichtig ist, ein schlüssiges Gesamtkonzept zu präsentieren. Die Bank muss persönliches Vertrauen in dich haben und gleichzeitig von den Daten der Immobilie überzeugt sein. Nur dann wirst du eine gute Finanzierung bekommen. Gerade bei rollierendem Eigenkapital ist absolute Professionalität besonders wichtig, denn diese Finanzierungsform wird dir nicht jede Bank spontan ermöglichen.

Rollierendes Eigenkapital: Fazit

Das rollierende Eigenkapital ist ein Finanzierungs-Tool für Immobilienprofis. Die wichtigsten Einsatzmöglichkeiten sind auf zwei Investment-Arten beschränkt: Es bietet sich an, rollierendes Eigenkapital für den Kauf einer großen Immobilie mit starkem Cashflow zu nutzen. Der Kredit wird rasch getilgt und das Eigenkapital nach und nach wieder freigesetzt. Oder es werden laufend neue Objekte angekauft und deren Wert wird gesteigert. Etwa durch den Ausbau weiterer Wohnungen oder der Sanierung des Bestandes.

Weniger relevant ist rollierendes Eigenkapital für all jene, die ein eine Wohnung kaufen möchten, um ein Nebeneinkommen zu schaffen. Für klassische Anlegerwohnungen bietet sich ein langfristiger Kredit, ohne spezielle Besonderheiten, an. Meist wird in dieser Situation einfach ein Teil des Kaufpreises, zuzüglich Kaufnebenkosten, durch Erspartes abgedeckt und der Restbetrag finanziert. Rollierendes Eigenkapital ist für eine Privatperson, die eine oder zwei Wohnungen erwirbt, also ein zweitrangiges Thema.

Wer glaubt, die eigene Finanzierungsstruktur durch rollierendes Eigenkapital verbessern zu können, muss eine Bank von diesem Vorhaben überzeugen. Voraussetzung werden genaue Kalkulationen rund um deine Investments und eine ganzheitliche Prüfung der persönlichen Finanzen sein. Da rollierendes Eigenkapital eine vergleichsweise komplexere Form der Finanzierung ist, sind gute Geschäftsbeziehungen zur finanzierenden Bank besonders wichtig, um dieses Vehikel nutzen zu können.

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