Top Wahlkampfthema: Bezahlbarer Wohnraum

Nico Vaziri

07.06.2021

Das Thema Wohnen wird im Wahlkampf wohl zu den heißesten Eisen zählen. Denn abseits der Pandemie und der Klimakrise, sind steigende Mieten eines jener Probleme, die extrem viele Menschen in Deutschland betreffen. Während sich alle Parteien einig sind, dass Wohnen leistbar bleiben muss, könnten die Zugänge, wie die Politik in diesem Bereich zukünftig aussehen soll, nicht unterschiedlicher sein.

Wie positionieren sich die Parteien?

Beim Thema Wohnen sind die Trennlinien zwischen den Parteien sehr klar erkennbar. Für einen raschen Überblick fassen wir nun die wichtigsten Standpunkte zusammen:

Die Linken

Die Linken würden am liebsten Enteignungen durchsetzen und große Immobilienkonzerne verstaatlichen. Dabei werden Unternehmen wie etwa Deutsche Wohnen unter Beschuss genommen – auch selbst jene Konzerne, die freiwillig auf Nachzahlungen von Beträgen, die auf Grund der Aufhebung des Mietendeckels in Berlin nachgefordert werden dürfen, verzichtet haben. Von links außen kommen also sehr radikale Töne, die wohl in der Praxis nicht umsetzbar sind und die Grenzen des Rechtsstaates überschreiten.

Wie viele Arbeitsplätze haben diese Unternehmen geschaffen? Wurden die Immobilien nicht mit versteuertem Geld gekauft? Gibt es Erwerbsfreiheit und muss ein Staat steuerzahlenden Unternehmen die Sicherheit bieten, unbehelligt wirtschaften zu können? Diese Fragen scheinen ganz links außen noch nicht in Betracht gezogen worden zu sein.

Die Grünen

Etwas weniger extremistisch, aber immer nochrecht radikale Töne, gibt es von Seiten der Grünen. Während es bei den Linken eher so klingt, als wäre genereller Hass auf Kapitalismus der innere Antrieb, steht bei den Grünen der Klimaschutz im Fokus. Unter dem Mantra, die selbstverständlich wichtigen Klimaziele zu erreichen, ließen die Grünen mit einer Forderung aufhorchen, die viele junge Menschen besonders schockiert hat: Der Neubau von Einfamilienhäusern könnte verboten werden. Medial sorgte das für einen Aufschrei und so kam es, dass zumindest teilweise zurückgerudert wurde. Eindeutig erkennbar ist, dass die Grünen Mieten massiv regulieren möchten, wie es in Berlin bereits versucht wurde. Eine deutschlandweite Mietenbremse scheint beispielsweise vorstellbar.

Eine weitere Forderung lautet, dass Share Deals, wie sie von Großinvestoren häufig genutzt werden, um Grunderwerbsteuer zu sparen, nicht mehr möglich sein sollen. Bisher wurden Immobilien oft von Unternehmen gehalten. Statt das Grundstück zu verkaufen, wird das Unternehmen (oder ein Anteil davon) verkauft. So wird keine Grunderwerbsteuer fällig. Gleichzeitig soll sozialer Wohnbau vorangetrieben werden.

SPD

Aus Investorensicht recht raue Töne kommen auch von Seiten der SPD. Vorschläge sind etwa, dass Mieterhöhungen nur noch im Rahmen der Inflationsanpassung erlaubt sein sollen, zumindest für eine bestimmte Zeit. Selbst Eigenbedarfskündigungen sollen erschwert werden und die 10-Jahres-Frist, nach der Wohnungen bislang steuerfrei verkauft werden konnten, sofern sie nicht selbst genutzt wurden, soll auch gleich noch abgeschafft werden. Immerhin ist die SPD so weit, nicht nur anderen etwas wegnehmen zu wollen, sondern auch an die eigene Handlungsfähigkeit zu denken: 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr sollen gebaut werden, so die Forderung. Das scheint ambitioniert und offen bleibt, wo genau diese Immobilien entstehen sollen, welche Bauvorgaben gelten sollen und wie hoch dort dann die Mieten wirklich sein dürfen. In Summe gibt es also einige Schlagwörter, aber wenig Konkretes.

FDP

Die FDP setzt wie gewohnt auf mehr Privat und weniger Staat. Bis zu 500.000 Euro hoch soll ein Freibetrag für Privatpersonen sein, die eine Immobilie erbwerben. Bis zu dieser Summe soll zukünftig keine Grunderwerbsteuer mehr anfallen. Gleichzeitig sollen zukünftig Baukosten sinken, in dem die Bauvorschriften reduziert werden.

Aus Investorensicht ebenso interessant: Mietpreisbeschränkungen sollen abgeschafft werden, Abschreibungen sollen vereinfacht und beschleunigt werden. Das ist Musik in den Ohren der Anleger. Doch gleichzeitig darf man nicht vergessen, dass die dahinterliegende Wirtschaftsideologie auch die Hoffnung hegt, dass es so attraktiver wird, in Immobilien zu investieren. Die zusätzlichen Investments bedeuten, dass mehr gebaut wird, wodurch das Angebot am Markt für Mieter steigt und so schlussendlich auch diese Personengruppe profitiert.

CDU und CSU

Maßgeblich verantwortlich für die Immobilienbranche ist auch Horst Seehofer. Er spricht in höchsten tönen darüber, was die Regierung alles getan hat, um Immobilienpreise leistbar zu halten. Die große Koalition ist mit weniger scharfen Tönen unterwegs und kämpft ein wenig mit der Kommunikation sperriger Vorhaben. Das ist beispielsweise beim Baulandmobilisierungsgesetz der Fall. Der Theorie nach sollte so versucht werden, dass Mietwohnungen seltener in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Gleichzeitig hat sich die CDU, die ja an der Klage gegen die Mietobergrenze, gemeinsam mit der FDP, geklagt hat, für einen freien Markt starkgemacht.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die große Koalition immer betont, keine Obergrenzen und strengere Regelungen oder gar Enteignungen zu wollen. Stattdessen soll mehr gebaut werden. Seien es Sozialwohnungen oder Immobilien, die durch Wohnbauförderung entstehen. Schwierig ist das Thema nicht zuletzt auch deshalb, weil manche Belange der Immobilienbranche Bundesverantwortung sind, andere hingegen von Ländern entschieden werden müssen.

AfD

Rechts außen gibt es zum Thema Wohnbau wenig Konkretes. Wohnen soll leistbar sein, Bürokratie soll reduziert werden, andererseits soll aber die Grunderwerbsteuer erhöht werden. In Summe wirken die bisherigen Stellungnahmen der AfD rund um das Thema leistbares Wohnen wie eine Zusammenstellung recht hohler Schlagwörter, ein konkretes Konzept ist nicht erkennbar.

Auswirkungen für Investorinnen und Investoren

Gerade weil das Thema „leistbares Wohnen“ so sehr an Fahrt aufgenommen hat, ist es auch im Wahlkampf und der Politik generell so präsent. Doch worauf müssen sich Investorinnen und Investoren zukünftig wirklich einstellen? Was tatsächlich kommt, wird erst nach der Wahl entschieden. Sicher ist allerdings, dass Enteignungsphantasien rechtlich kaum durchsetzbar sein werden. Auch ein völliges Verbot von neu zu errichtenden Einfamilienhäusern scheint nicht realistisch.

Was ist also die wahrscheinlichste Variante? Umfragen sehen die Grünen zwar stark, doch nach den Wahlen wird sich zeigen, wie energisch am Immobilienmarkt wirklich eingegriffen werden kann.

Mehr bauen und alles wird gut?

Meist kommt es schlussendlich zu einem Mittelweg aus den zuvor präsentierten Wahlprogrammen. Recht einig sind sich die verschiedenen Parteien, dass mehr gebaut werden soll – und das am besten, durch den Staat selbst oder im staatsnahen, subventionierten Bereich. Diese Forderung ist nicht neu.

Blickt man über die Grenzen, etwa nach Wien, so zeigt sich dort ein wesentlich fortgeschritteneres Bild des sozialen Wohnbaus. Über 70 Prozent der Wohnungen in Wien sind im Eigentum der Stadt oder in sonstiger Form gefördert. Für Investments ist Wien trotzdem attraktiv, Immobilien sind sehr gefragt. Mehr bauen alleine, egal in welcher Form, wird also nicht reichen, um die Mieten zu drücken. Besonders, weil es einige Jahre dauern wird, bis die zusätzlichen Wohnungen wirklich zur Verfügung stehen.

Wird jetzt alles anders?

Fragwürdig ist, wenn der Staat einerseits die eigenen Möglichkeiten zu bauen bislang nicht ausschöpft und andererseits ein gewisses Bashing auf Immobilien-Unternehmen betrieben wird. Für private Anleger ist davon auszugehen, dass es keine wirklich gravierenden Änderungen geben wird. Regulierungen der Mieten, zusätzliche Abgaben – all das ist zwar möglich, aber dazu muss man sich zwei wichtige Punkte vor Augen halten:

  1. Welche alternativen Investmentmöglichkeiten gibt es? Kaum ein anderes Investment bringt derzeit so solide Renditen, wie Immobilien – noch dazu bei gleichzeitig hoher Wertbeständigkeit. Auch wenn sich die Spielregeln ein wenig ändern sollten, wird sich das, auch aus einer gewissen Alternativlosigkeit heraus, nicht grundsätzlich ändern.

  2. Die Altersvorsorge vieler Menschen basiert teilweise auch darauf, dass sie eine Immobilie besitzen, die sie vermieten. Das ist jeder Regierung bewusst. Dementsprechend kann nicht so massiv eingegriffen werden, als dass kleine Investorinnen und Investoren wirklich in Schwierigkeiten geraten würden. Wo hingegen ein Riegel denkbar ist, wären echte Wucher-Angebote.


Fazit

Das Thema „leistbares Wohnen“ hat extrem an Bedeutung gewonnen. Der Staat kann sich selbst an die Nase fassen und hinterfragen, warum nicht mehr gebaut wurde. Diese Bautätigkeit soll nun auf- und nachgeholt werden, wobei konkrete Auswirkungen sicher erst in Jahren spürbar werden. Andererseits kann es verschärfte Marktregulierungen geben. Wie diese ausfallen, ist derzeit noch nicht absehbar. Klar ist aber, dass Immobilien-Investments weiterhin attraktiv bleiben werden. Denn schließlich können selbst strenge Regeln in wenigen Jahren wieder geändert werden. Gleichzeitig muss die Politik auch darauf achten, dass Immobilien weiterhin eine gewisse Rendite bieten, weil sonst private Immobilienentwickler keine Wohnimmobilien mehr errichten würden.

Die scharfen Töne vor der Wahl sollten Investorinnen und Investoren daher nicht zu sehr beeindrucken. In Summe wird es weiterhin attraktiv bleiben, Immobilien zu besitzen. Wie schon bisher sollten diese ertragreich, aber ohne extreme Gier, vermietet werden, denn Eigentum verpflichtet bekanntlich auch zu einer gewissen gesellschaftlichen Verantwortung, abseits der persönlichen Kapitalmaximierung. Wenn sich alle an dieses einfache Prinzip halten würden, wären Regulierungen wohl kein großes Thema und alle, egal ob Regierung oder Private, könnten sich wieder auf die Schaffung neuen Wohnraums konzentrieren.

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